Heute: Kathrin Köhler, Bürgermeisterin Bauen Stadt Zwickau
Mit der Rubrik „Projektpartner näher vorgestellt: 5 Fragen an…“ werden im ZED-Blog regelmäßig die Projektpartner und ihre Perspektiven auf das Projekt durch kleine Interviews mit ausgewählten Repräsentanten der Partner näher vorgestellt. Das erste Gespräch wurde mit der Bürgermeisterin Bauen der Stadt Zwickau, Frau Kathrin Köhler, geführt. Die Stadt Zwickau übernimmt als Initiator des Projekts auch die Rolle der Projektleitung und die des Verbundkoordinators. Inhaltlicher Schwerpunkt der Kommune innerhalb des Projektes bildet die Nachhaltige Quartiers- und Stadtentwicklung.
ZED-Team: Frau Köhler, vielen Dank für Ihre Bereitschaft uns für ein kleines Interview über das Projekt „Zwickauer Energiewende demonstrieren“ zur Verfügung zu stehen. Als eines von nur sechs Leuchtturmprojekten, und davon einziges in Ostdeutschland, wurde das ZED-Projekt vom Förderträger ausgewählt und damit gefördert. Welche Bedeutung besitzt das Projekt innerhalb der Stadt und über die Stadtgrenzen hinaus?
Kathrin Köhler: Wir freuen uns als Stadt den Zuschlag und damit die Möglichkeit erhalten zu haben, mit Hilfe eines geförderten Projektes ein wichtiges Zukunftsthema wie die Energiewende in Zwickau vor Ort zusammen mit den Bewohnern erproben und deren Ausgestaltung entwickeln zu können. Für viele Menschen liegt die Erzeugung regenerativer Energien oft in weiter Ferne in Windparks auf dem Meer oder im Norden der Republik oder in großen Solarfeldern abseits der Städte. Das Projekt soll den Blick auf die urbane Energiewende und den Beitrag von Städten richten. Für die Stadtentwicklung und Übertragbarkeit auf andere Quartiere der Stadt bietet gerade das Projektquartier mit seinen Altneubauten in dem gewachsenen Stadtteil Marienthal große Chancen. Von den gewonnenen Erkenntnissen können somit nicht nur die Marienthaler sondern irgendwann vielleicht auch alle Zwickauer profitieren. Für die Außenwirkung kann ZED als Leuchtturmprojekt ebenfalls enorme Bedeutung entwickeln. Die Umstrukturierungen im Automobilsektor mit inbegriffen kann Zwickau somit als energieeffiziente Stadt damit ein attraktiver Wohn- und Arbeitnehmerstandort bleiben.
Zentrale Projektthemen wie Klimaschutz und die Energiewende nehmen auch im Tagesgeschäft der Verwaltung zunehmend eine zentralere Rolle ein. Was für einen Mehrwert kann die Beteiligung an einem Forschungsvorhaben zu diesen Themenkomplex für die Kommune darstellen? Ist Verwaltungshandeln mit Forschungsarbeit vereinbar?
In der Tat stellen der Klimaschutz respektive die Emissionsfreiheit, die Klimaanpassung aber auch die lokale Energiewende wichtige zukünftige aber auch schon aktuelle Themenfelder von kommunalem Handeln dar. Durch den Einbezug der Wissenschaft und die Nutzung moderner Technologien kann gewährleistet werden, dass die Energieversorgung des Projektgebiets in Marienthal unter Maßgabe des Status Quo von aktuellem Wissen weiterentwickelt wird. Einerseits ist die Beteiligung der Kommune am Projekt für die beteiligten Partner aus Wirtschaft und Wissenschaft wichtig, ihre Ideen und Maßnahmen in einem realen Umfeld umsetzen zu können. Andererseits kann auch die Kommune aus diesem Prozess wichtige Erkenntnisse für ihr eigenes Handeln gewinnen und zeigt zugleich, dass auch eine Verwaltung zu proaktivem, vorausblickendem Handeln fähig ist. Durch die Förderung haben wir als Stadt auch außerhalb des normalen Stellenplans die Möglichkeit Personal zu qualifizieren und Wissen in der Verwaltung aufzubauen. Eine spannende Herausforderung wird es zukünftig dieses Wissen zu konservieren und die Erkenntnisse auch nach Ende des Projektes in die tagtägliche Arbeit und in die Regelwerke zu transferieren.
Das Projekt ZED hat das Ziel, nicht nur Papier zu produzieren und als ein Konzept in der Schublade zu landen, sondern die lokale Energiewende vor Ort auch umzusetzen. Welchen Stellenwert besitzt der Einbezug der Bürger in den Prozess vor diesem Hintergrund?
Die Umsetzung der Konzepte soll unter der Maßgabe von Wirtschaftlichkeit für die beteiligten Unternehmen aber vor allem auch von Sozialverträglichkeit für die betroffenen Bewohner realisiert werden. Die glücklicherweise moderaten Miet-, Wohn, und Lebenshaltungskosten in Zwickau und insbesondere im Quartier Marienthal sollen sich auf keinen Fall auf Grund von Maßnahmen des Projektes nach oben entwickeln. Nichtsdestotrotz sind mit der Realisierung der Energiewende in einem Bestandsquartier auch Veränderungen in der Wohnumgebung unvermeidbar, die es gilt so gesellschaftskonform und nutzergerecht wie möglich zu gestalten. Vor dem Hintergrund der Akzeptanz dieser Maßnahmen aber auch der Energiewende im Allgemeinen stellt der Einbezug der Bürger in den Forschungsprozess von Beginn an eine Notwendigkeit dar. Gelingen soll dies mit Hilfe von Bewohner- und Akteursworkshops aber insbesondere auch durch die Etablierung eines Quartiersforums – dem ZED-Forum im Kinder- und Jugendfreizeitzentrum Marienthal. Durch regelmäßige Veranstaltungen sollen die Bürgerinnen und Bürger des Stadtteils nicht nur über allgemeine Themen der Energiewende, über die Projektinhalte und mögliche Veränderungen informiert werden, sondern auch in einem gewissen Rahmen aktiv an der Gestaltung mitwirken können. Insbesondere der Partizipationsprozess bzw. Dialog mit den Bürgern ist für eine nachhaltige Quartiersentwicklung ein wichtiger Baustein kommunalen Handelns.
Das Projektkonsortium umfasst neben der Stadt Zwickau 12 weitere Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft. Welche Herausforderungen kommen auf die Stadt als Verbundkoordinator des Projektes zu?
Sicherlich ist die Steuerung und Koordination von so einem großen Projektkonsortium eine gewisse Herausforderung, die vor allem durch eine gut organisierte und transparente Kommunikation zu meistern ist. Doch dieser Herausforderung gegenüber steht die Chance, durch die Zusammenarbeit der beteiligten Partner und damit in unserem Projektkontext oftmals lokal verwurzelten Akteure auch neue Perspektiven verbunden mit Geschäftsmodellen zu entwickeln, die einzelne Unternehmen aber auch die Kommune allein vielleicht so nicht hätten wahrnehmen können. Der Einbezug der Expertisen und Erfahrungen aus den unterschiedlichen Fachrichtungen ermöglicht einen ganzheitlichen, interdisziplinären Blick auf die Themen und kann die konzipierten Maßnahmen so nutzergerecht wie möglich werden lassen.
Zum Abschluss noch ein Blick in die Glaskugel: Wo sehen Sie die Stadt Zwickau in 20 Jahren?
Ich hoffe, Zwickau entwickelt sich weiterhin zu einem attraktiven Wirtschaftsstandort, an dem das Wohnen bezahlbar und lebenswert bleibt. Zusammen mit den Bürgern und den Unternehmen soll sich die Kommune fortschrittlich den Herausforderungen der Zukunft stellen. Ich bin davon überzeugt, dass ZED dafür einen wichtigen Beitrag leisten kann.
Zur Person:
Kathrin Köhler wurde am 20. November 2014 zur Baubürgermeisterin gewählt. Ihr Amt trat sie am 24. November 2014 an.
Sie wurde am 3. Januar 1978 in Gera geboren. Nach dem Abitur studierte sie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, absolvierte ihr Referendariat am Landgericht Zwickau und legte 2007 erfolgreich ihre zweite juristische Staatsprüfung ab. Anschließend arbeitete sie in einer Anwalts- und Steuerkanzlei in Gera, im Jahr 2009 war sie persönliche Mitarbeiterin der Präsidentin des Thüringer Landtags. Nach ihrer Wahl in den Stadtrat der Stadt Zwickau fungierte sie von Oktober 2009 an als Geschäftsführerin der CDU-Fraktion.
Zum Dezernat Bauen gehören die Stabsstelle Wismutangelegenheiten, das Umweltbüro, das Stadtplanungsamt, das Amt für Bauordnung und Denkmalpflege, das Liegenschafts- und Hochbauamt, das Tiefbauamt sowie das Garten- und Friedhofsamt.
(Quelle + Bildcredits: Stadt Zwickau)